Clemens Theis
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07.05.1923 + 04.12.2012.
Spuren jüdischen Lebens in Immendorf und Arenberg
Inhalt:
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- Die kurtrierische Judenordnung
- Älteste Spur
- Freiherr von Wrede
- Der nassauische Judenschutz
- Unter königlich-preußischer Kontrolle
- Protokoll der Synagogengründung
- Abschiebung illegal zugewanderter Juden
- Leitung der Synagogengemeinde
- Streit um Formen des Gottesdienstes
- Überwachung des Religionsunterrichts
- Niederlassungsschwierigkeiten
- Spuren nach 1900
- Deportationen
- Auf der Flucht deportiert
- Johanna Baer, querschnittgelähmt
- Nie wieder
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- SIE LEBTEN IN UNSERER MITTE
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- Autor: Clemens Theis, Rhens, 1996
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- Vorwort
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- Was treibt einen dazu, am eigenen Wohnort nach den Spuren einer Synagogengemeinde
zu forschen?
- Etwa die schmerzhafte Erkenntnis, dass über anderthalb Jahrtausende
hin die christlich-kirchliche Judenfeindschaft den Holocaust zumindest mitverursacht
hat?
- Oder das Nachdenken darüber, dass unser traditionsreicher Antijudaismus
selbst den Schandtaten der bereits "entchristlichten" Nazis den
Boden bereitete, so dass ein Friedensnobelpreisträger Elie Weisel sagen
kann: "Alle Opfer waren Juden, alle Mörder waren Christen."
- Unmittelbarer Antrieb zur Spurensuche war jedenfalls die Trauer darüber,
dass in keiner der örtlichen Chroniken und Jubiläums-Festschriften seit
1945 bisher auch nur ein Wort über die ehemalige Existenz einer jüdischen
Gemeinde, geschweige denn über das Schicksal unserer früheren Mitbürger
verloren worden ist.
- Wie wollen wir es verantworten, nach über fünfzig Jahren das Unbegreifliche
unseren Nachkommen noch immer vorzuenthalten?
- Der Streit zwischen den "Geschwistern", zwischen Juden und
Christen also, geht zurück bis auf die Anfänge des Christentums. Bereits
gegen Ende des ersten Jahrhunderts beginnt eine wechselseitige Abstoßung.
Auf der Synode von Elvira/Spanien im Jahre 311 wird eine Heirat zwischen
Christen und Juden unter Androhung der Todesstrafe verboten. Zu "Gottesfeinden"
werden die Juden 381 auf dem Konzil zu Konstantinopel per Dogma erklärt.
- Bis ins 11. Jahrhundert lebten Juden in deutschen Landen weitgehend
in guten Verhältnissen. Als aber 1036 zum ersten Kreuzzug aufgerufen wurde,
begannen Christen nicht nur den "Feind Gottes" im Orient, sondern
auch den näheren "Gottesfeind" zu bekämpfen. Schon im Mai 1096
waren alle Juden im Rheinland umgebracht worden.
- Auch Luthers Schrift "Von den Juden und ihren Lügen"
(1543), die er drei Jahre vor seinem Tod verfasste, zeigt noch einmal den
mittelalterlichen Hass auf das Judentum. Die Frage, wieweit solche Verurteilungen
schließlich ebenfalls mit zu "Auschwitz" führten, stimmt uns heute
in ökumenischer Eintracht zu ernsthafter Gewissenserforschung.
- Erst ab etwa 1965 begann in beiden großen Kirchen eine Aufarbeitung
des Verhältnisses zwischen Christen und Juden. Schamhaftes Verschweigen,
Verdrängen oder gar Leugnen werden uns nicht be-freien. Die Mitschuld muss
eingestanden, eine von der Auschwitz-Erfahrung widerlegte Theologie revidiert
werden.
- Auf örtlicher Ebene aber ist es nun endlich an der Zeit, die Erinnerung
an Namen und Lebenswege der Opfer wachzuhalten, dem Vergessen entgegenzuwirken,
Menschlichkeit wieder herzustellen. Nur so wird es uns gelingen, jenes Konzept
der sogenannten "Endlösung" zu durchbrechen, deren Ziel es bekanntlich
war, alles Jüdische, seine Geschichte und seine Kultur, in brutaler Menschenverachtung
radikal auszumerzen.
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- Arenberg/Immendorf, Weihnachten 1996 Clemens Theis
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Die kurtrierische Judenordnung
- 17.01.1681 Erzbischof Johann Hugo von ORSBECK, Kurfürst von Trier (1676-1711),
erlässt eine Judenordnung.
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- 10.05.1723 Weil die Judenordnung seines Vorgängers Johann Hugo nur "litterlich"
(liederlich) eingehalten worden sei, erlässt Kurfürst Franz Ludwig von PFALZ-NEUBURG
- (1716-1729) eine Neufassung der bisherigen Judenordnung.
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- Seiten 1 und 5 der kurtrierischen Judenordnung von 1723
- Vollständiger Originaldruck im Besitz eines Immendorfer Bürgers.
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- Darin heißt es, dass die Zahl der im Bereich des Kurfürstentums Trier
an jüdische Familien ausgefertigten "Glayd-" oder Schutzbriefe
(heute würden wir das Aufenthaltsgenehmigung nennen) die Anzahl 165 künftig
nicht mehr überschreiten darf. Darin einbegriffen sollen jedoch nicht die
jüdischen "Doctoren, Rabbiner und Pedellen" sein. Die Erlaubnis
zur Erteilung der Schutzbriefe durch untergeordnete Instanzen ist zu beantragen.
- Älteste Spur
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- Die älteste Spur jüdischen Lebens in Immendorf war im Taufbuch von Arenberg
(1747-1846) auf Seite 41 zu finden.
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- Es vermeldet für den 18.04.1773:
- "Aus der jüdischen Familie Moises HERSCHBACH von Immendorf sind
heute zum katholischen Glauben übergetreten und wurden getauft:
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- 1. Raphael Herschbach (16). Sein Name ist künftig Clemens Wenzeslaus
WEIS. Die Patenschaft übernahm der hochwürdigste Herr Erzbischof und Kurfürst
von Trier, Clemens Wenzeslaus.
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- 2. Der 14jährige Bruder des Vorgenannten: Isaak HERSCHBACH. Sein Name
ist künftig Friedrich Josef WEIS. Seine Patenschaft übernahm der hochwohlgeborene
und ehrenwerte Herr Friedrich Josef La Roche." (* 1757, Sohn der Sophie
und des kurtrierischen Kanzlers Georg Michael Frank La Roche)
- Das heißt, dass auch vor diesem Datum bereits Juden in Immendorf gelebt
haben müssen.
- Auf noch ältere Spuren verweisen allenfalls die Geburtsdaten jüdischer
Mitbürger, soweit sie bei späteren Erhebungen (ab 1806 seitens der nassauischen
oder ab 1815 der preußischen Bürgermeisterei Ehrenbreitstein) aktenkundig
registriert wurden.
- Die ersten bisher nachweisbaren Schutzbriefe für Juden, die sich im
Bereich der Herrschaft Mühlenbach - nämlich in Immendorf - niedergelassen
haben oder dies beabsichtigen, sind 1784 und 1796 durch Freiherrn von Wrede
ausgestellt.
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- Freiherr von Wrede
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- Wieso stellte ein Freiherr von Wrede solche Schutzbriefe aus?
- Wer war dieser Mann?
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- Dazu muß ganz grob ein kurzer Rückblick in die ursprünglichen Besitz-
und Rechtsverhältnisse hier am Ort erfolgen, sonst bleiben auch spätere
Entwicklungen unverständlich.
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- Der fränkische Königshof "Overanberg" mit den Dörfern Immendorf,
Arenberg und einigen Mühlen gehörte bekanntlich seit 868 dem Marien-Kloster
in Herford. Das Meieramt übertrug die Äbtissin 1226 den Herrn von Helfenstein.
Die verstanden es sehr bald, ihre Verwalterfunktion in ein Lehensverhältnis
umzuwandeln, obwohl das im Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen war.
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- 1579 verstirbt der letzte der Helfensteiner, Ritter Johann XIV., Herr
auf Mühlenbach (Schloß um 1300 erbaut), und zwar kinderlos. Um die ständigen
Reibereien mit den Erben und mit dem Trierer Kurfürsten loszuwerden, verkauft
die Herforder Äbtissin 1692 ihre Besitzrechte an Erzbischof Johann Hugo
von Orsbeck.
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- Wilhelma, Tochter dieses Ritters Johann aus dessen 1. Ehe, heiratet
als Erbin einen Otto von Rolshausen. Der umgibt das geerbte Besitztum, die
Herrschaft Mühlenbach, im Jahr 1589 mit demonstrativen Grenzsteinen, die
man heute noch hier im Wald finden kann: Sie tragen die Buchstaben "ORM
1589" = Otto von Rolshausen, Herr auf Mühlenbach.
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- Als Otto 1604 stirbt, dauern die Erbstreitigkeiten mit den Kindern aus
zweiter Ehe 24 Jahre lang an. Erst 1626 kommt ein Vergleich zustande, bei
dem die Hälfte des Mühlenbacher Lehensgutes an Ottos Tochter Wilhelma Dorothea
fällt. Sie ist nämlich Erbin ihrer verstorbenen Brüder Friedrich und Adolf
und bereits seit 1612 verheiratet mit einem Steffen von Wrede.
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- Etwa 100 Jahre später (1715) kauft die Witwe Jost Bernhards von Wrede
nun auch die andere Hälfte des trierischen Lehens, so dass von diesem Zeitpunkt
ab die ganze Herrschaft Mühlenbach in der Hand der Familie von Wrede vereinigt
ist. Familie von Wrede gehört zum westfälischen Uradel aus Amecke bei Sundern/Sauerland
im Kreis Arnsberg.
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- 1803 ging die kurtrierische Lehenshoheit nach der französischen Revolution
an Nassau-Weilburg über;
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- 1808 wurde die Herrschaft Mühlenbach dem nassauischen Bürgermeisteramt
Ehrenbreitstein angegliedert. Nach dem Übergang an Preußen (1815) erlangten
die Freiherren von Wrede
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- 1825 die Umwandlung des Lehens in ihr unbeschränktes Eigentum. Eine
einmalige Abfindung von 5000 Talern machte eine solche "Allodifikation"
damals möglich.
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- Das ganze Besitztum wurde bald danach zerstückelt, teils den bisher
leibeigenen Bauern ("Bauernbefreiung"), teils den umliegenden
Gemeinden Immendorf(I), Urbar(U) und Niederberg(Ko) verkauft. Der sogenannte
"IUKO-Wald" wird heute insgesamt treuhänderisch verwaltet durch
das Forstamt der Stadt Koblenz.
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- Der verbliebene Privatbesitz der Helfenstein-Erben, Mühlenbacher Hof,
Elisenhof und Waldflächen, ist heute in der Hand der Familie Pönsgen, einer
Industriellenfamilie aus dem Raum Düsseldorf.
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- Der nassauische Judenschutz
- 29.11.1806 Herzog August von NASSAU erlässt eine Neuregelung zur Aufnahme
von Schutzjuden bzw. zur Erneuerung des bereits erteilten Schutzes "für
die in der neu erworbenen Herrschaft Mühlenbach ansässigen Juden".
Um die nach seiner Feststellung "bereits stark angewachsene Zahl jüdischer
Familien - die meisten darunter von sehr geringem Vermögen - für die Zukunft
zu begrenzen, zumindest aber nicht noch mehr unvermögende Juden ins Land
zu ziehen," erachtet er "zu verordnen für nötig":
- Ein Jude oder eine Jüdin, "die in Unseren Landesherrlichen Schutz
aufgenommen zu werden wünscht," hat ein "Quantum inferendum"
(einen Besitzstand) von mindestens 500 Gulden (Frauen 300 Gulden) nachzuweisen,
wenn der Zuzug von innerhalb des Herzogtums Nassau nach hier stattfindet.
Ausländische Juden, die sich hier niederlassen wollen, haben ein Besitztum
von mindestens 1.500 Gulden (Frauen 1000 Gulden) glaubhaft zu machen. Außerdem
haben ausländische Antragsteller vor Aushändigung des Schutzbriefs eine
Stempelgebühr von 75 Gulden zu entrichten, die sich bei Inländern auf die
Hälfte verringert.
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- Erklärung dazu:
- 1 Rheinischer Gulden, auch "Florin" genannt, hatte den Wert
von 2/3 Rechnungstalern;
- 1 Taler = 24 Groschen = 288 Pfennige.
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- Das Besitzquantum konnte in barem Geld, Kapitalien, Vieh oder Waren
usw. bestehen, Kleidung und Hausrat jedoch wurden nicht eingerechnet. Sollten
sich die eidesstattlich erklärten Angaben später als lügenhaft erweisen,
so war der Betreffende ohne jede Gnade als des erschlichenen Schutzes verlustig
zu erklären und aus dem Lande zu weisen. Im Regelfall wurde der Schutz für
die Dauer von 12 Jahren gewährt. Darin einbegriffen war neben der Ehefrau
nur der erstgeborene Sohn bzw. die erstgeborene Tochter, somit übertrug
sich der Schutz automatisch auf die je nachfolgende Generation.
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- 15.03.1807 Das nassauische Bürgermeisteramt Ehrenbreitstein registriert
in Immendorf fünf jüdische Familien, die mit einem Schutzbrief ausgestattet
sind:
- 1. Heli BAER, *24.04.1750 in Ruppertshofen, geschützt seit 06.07.1784,
- mit Frau Beile ABRAHAM, *02.08.1748 in Nassau.
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- 2. Alexander MAYER, *02.07.1757 in Winweiler, geschützt seit 26.0l.1796
- mit Frau Blüm MOSES, *14. 11. 1766 in Immendorf.
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- 3. Sueßkind HERZ, *12.10.1762 in Immendorf, geschützt seit 03.08.1796
- mit Frau Edel HAYUM, *22.09.1763 in Segendorf.
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- 4. Moses MICHEL, *02.08.1763 in Immendorf, geschützt seit 26.0l.1796
- mit Frau Lia ABRAHAM, *04.05.1782 in Puderbach.
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- 5. eine Familie AFRON, die ohne Vorname aufgezählt ist und in der Mitteilung
von 1835 nicht mehr erwähnt wird.
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- Unter königlich-preußischer Kontrolle
- 05.01.1815 Dem Moyses HESGE, *02.03.1776 in Meudt und seiner Frau Sprinz
SÜESKIND, *04.04.1793 in Immendorf, die Tochter des Sueßkind HERZ, wird
Schutz gewährt. Am 11.06.1823 stirbt Moses HESKE und seine Frau heiratet
in Rheinbrohl. Sohn und Tochter leben weiter in Immendorf.
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- 30.08.1817 Mit diesem Datum erfolgt in den Akten der Bürgermeisterei
Ehrenbreitstein eine ausführliche Personenbestandsaufnahme aller 6 jüdischen
Familien von Immendorf - mit Geburtsdaten, auch der Kinder, Gewerbe, Schutzaufnahme
usw.
- (Stadtarchiv Koblenz, 655.10 Nr. 24, S. 200)
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- 20.11.1817 Dem Sueskind LIESMANN, *18.05.1798 in Maxein, wohnhaft in
Horchheim, und seiner Frau Hewe HELY, *15.01.1789 in Immendorf, Trauung
am 06.09.1816, verwitwete MARX, früher wohnhaft in Metternich, Tochter des
Hely BAER, wird Schutz für Immendorf erteilt.
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- 26.06.1823 Jetzt erfolgt eine erneute Bestandsaufnahme der israelitischen
Einwohner und Synagogen in der Bürgermeisterei Ehrenbreitstein, jedoch nur
zahlenmäßig:
- In Ehrenbreitstein 69, in Horchheim 14 Juden;
- In Immendorf 31 Juden, davon
- 5 verheiratete Männer (incl. Witwer)
- 6 verheiratete Frauen (incl. Witwen)
- 20 unverheiratete Personen
- "...haben ihre Synagoge in Immendorf" unter dem Vorsteher
Hely BAER, der von der örtlichen Judenschaft gewählt ist.
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- 10.12.1823 Der "königliche Oberbürgermeister von Ehrenbreitstein"
berichtet dem kgl. Landrat BURRET zu Koblenz, dass es in Ehrenbreitstein
zwar eine jüdische, aber keine öffentliche Schulstube gebe, und ein geprüfter
Lehrer dort nicht existiere. Einen solchen gebe es auch nicht in Immendorf.
An den besagten Orten gebe es vielmehr lediglich zwei jüdische Privatlehrer.
"Gemäß beigefügter Anlage" führt er aus, dass in Immendorf zu
diesem Zeitpunkt 32 jüdische Einwohner leben, davon 8 im Alter zwischen
6 und 13 Jahren, wovon 5 die Schule ihrer Ortsgemeinde besuchen. (Die "Anlage"
fehlt in der Akte)
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- 03.08.1824 In Immendorf werden jetzt 32 Juden: 18 männlich, 14 weiblich,
gezählt. Darunter befinden sich 5 Ehepaare, die eigene Häuser besitzen:
- 5 Familien sind "vergleitet", d.h. mit Schutzbrief versehen.
- 2 Familien leben vom Handel, 3 Männer sind Fleischer.
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- 29.12.1824 In Immendorf erteilt ein jüdischer Privatlehrer namens Salomon
SCHWARZ den
- israelitischen Kindern Unterricht; wieweit dieser jedoch die nötigen
Fähigkeiten dazu besitzt, wird erst noch von dessen Prüfung abhängen.Der
privatjüdische Lehrer Elias DREYFUSS erteilt in Ehrenbreitstein schon seit
10 Jahren mehreren Knaben Unterricht in hebräischer Sprache, Religionslehre
und in den übrigen Elementarlehrgegenständen. Wie der kath. Pfarrer von
Ehrenbreitstein als Schulinspektor ausführt, beträgt der sich, und es scheint,
dass die Kinder auch Fortschritte machen. Nur der Israelit KIRCHBERGER schicke
seine Kinder ins Gymnasium nach Koblenz. Bemerkt wird in diesem Schreiben,
dass die meisten Mädchen der Israeliten gar keine Schule besuchen.
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- 21.03.1825 Die Regierung stellt fest, dass der Immendorfer Privatlehrer
SCHWARZ keineswegs die erforderliche Qualifikation zum Unterrichten besitzt,
und bittet um Veranlassung, dass ihm die Unterrichtserteilung untersagt
wird und die schulpflichtigen jüdischen Kinder zum Besuch der örtlichen
Elementarschule angewiesen werden.
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- 02.07.1825 Landrat BURRET schreibt an den Oberbürgermeister Justizrat
WEBER in Ehrenbreitstein in dieser Angelegenheit (inhaltlich zusammengefaßt):
- Aus einer Übersicht des königlichen Ministeriums für geistliche Angelegenheiten
ergibt sich folgendes Bild:
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- - An den 60 jüdischen Schulen des Regierungsbezirks Koblenz sind nur
2 Lehrer von
- den Landesbehörden und 16 Lehrer nur von einem Rabbiner geprüft worden.
- - Von 1139 Kindern im schulpflichtigen Alter besuchen derzeit nur 854
die Schule.
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- Das königliche Ministerium ordnet daher an,
- - allenthalben die vorgeschriebenen Prüfungen vorzunehmen,
- - den untauglichen Lehrern das Schulhalten zu verbieten
- - und alle Winkelschulen zu schließen.
- - Weiter sollen schulpflichtige Kinder, die nicht bei einem "conzessionierten"
- Privatlehrer oder in öffentlichen jüdischen oder christlichen Schulen
Unterricht
- genießen, nötigenfalls durch geeignete Zwangsmittel dazu angehalten
werden.
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- Aus den Jahren
- 1826, 1830, 1834 liegen Schutzerteilungen für die Familiennamen HELY,
MICHEL und BAER vor.
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- 13.09.1833 Die israelitischen Einwohner von Immendorf treffen eine Übereinkunft
zwecks Einrichtung einer SYNAGOGE im Haus des Heli BAER. Diese ist unterzeichnet
von ihm selbst, von Oster MICHEL, Moses MICHEL (mit Handzeichen), Abraham
HELI, Sueskind LIESMANN, Sueskind HERZ und Heyum HERZ. Die Urkunde beglaubigte
Bürgermeister von EYSS. - Abbildung Seite 10/11.
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- Geschehen zu Immendorf am 13. September 1833
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- Die hiesigen israelitischen Einwohner haben heute folgende Übereinkunft
geschlossen:
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- 1.
- Der Heli Baer räumt die an seinem eigenthümlichen Wohnhause dahier gelegene,
ihm zugehörige Synagoge zum Gebrauch der ganzen israelitischen Gemeinde
ein.
- 2.
- Es verpflichten sich zur Bestreitung der nothwendigen Reparaturen in
der Synagoge, (und) zur Besoldung des Vorsängers
- die Nachgenannten Beiträge zu leisten als
- a. Heli Baer
- b. Sueskind Liesmann
- c. Abraham Heli
- d. Oster Michel
- e. Heium Herz
- Ein Drittel des von jedem der Vorgenannten zu leistenden Beitrags fällt
auf den Herz Sueskind und ebensoviel auf
- den Michel Moses.
- 3.
- Zu Besoldung des Lehrers sind nur diejenigen verpflichtet, welche Kinder
zu unterrichten haben. Wird ein besonderer
- Vorsänger angestellt, so sind alle mit Ausnahme des Herz Sueskind und
des Michel Moses zu dessen Besoldung und Beköstigung verpflichtet.
- 4.
- Über die jährlichen Einnahmen und Ausgaben muß Rechnung gestellt und
dieselbe dem Oberbürgermeisteramte
- zum Abschluß vorgelegt werden. Nach deutlicher Vorlesung ist gegenwärtige
Verhandlung von den Anwesenden genehmigt und unterschrieben worden.
- a. u. s.
- (hebräisch) - soll Heli Baer heißen
- Oster Michel Hand + zeichen des im Schreiben unkundigen Michel Moses
Abraham Heli Sueskind Liesmann
- Hertz Sißkint (hebräisch) ( soll Heyum Herz heißen )
- Zur Beglaubigung:
- Von Eyß,
- Bürgermeisterey
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- Abschiebung zugewanderter Juden
- 15.01.1835 Die jüdischen Familien werden erneut registriert, "da
seit der letzten Zählung von 1831 fremde Juden unberechtigt eingeschlichen
sind", mit dem Ergebnis, dass jetzt in Immendorf 10 Familien - mit
13 Mädchen und 8 Knaben - leben.
- 11.07.1835 Der Ortsvorsteher von Immendorf, GRENZHÄUSER, meldet
der Bürgermeisterei Ehrenbreitstein die Anwesenheit von zwei jüdischen Mägden.
Die eine wohne bei Abraham HELI, die andere bei Heimann BAER. Letzterer
gebe vor, die bei ihm dienende Magd sei eine nahe Verwandte bzw. eine Freundin.
- Am gleichen Tag noch weist Oberbürgermeister von EYSS den Ortsvorsteher
GRENZHÄUSER an, die beiden des Ortes zu verweisen.
- Im selben Jahr ergeht in dieser Angelegenheit eine Erinnerung der Regierung
an die Bürgermeisterämter:
- Laut Amtsblatt vom 25.08.1830 soll "nach höherer Bestimmung"
auch der einstweilige Aufenthalt fremder (ausländischer = außerhalb des
Fürstentums Nassau) Juden als Dienstboten in "diesseitigen Landen (=
rechts des Rheins), wodurch das allmähliche Einschleichen derselben gefördert
wird, nicht gestattet werden. Jede Nachsicht hierunter wird nach den Umständen
gebührend geahndet."
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- 16.08.1835 Ortsvorsteher GRENZHÄUSER aus Immendorf vermeldet:
- "Ich muss Ihnen zu wissen tun, dass Judengesinde, nämlich Ausländer
jüdischer Religion, wörlich (= wirklich) noch in Immendorf ist, nämlich
der Knecht bei Oster MICHEL, die Magd bei Abraham HELI und die Magd bei
Heimann BAER."
- Bürgermeister von EYSS vermerkt dazu am
- 17.08.1835 "Die Gendarmerie zur Aufgreifung dieser Individuen angewiesen."
- 13.10.1835 Landrat von BOOS drängt gegenüber der Bürgermeisterei auf
Vollzug der Ausweisung auch der ausländischen Handelsdiener (Vertreter).
- 23.11.1835 Ortsvorsteher GRENZHÄUSER berichtet als "Schöffe",
der ausländische Judenlehrer Salomon ROSENTHAL befinde sich jetzt noch in
Immendorf, der Knecht Maier KAHN
-
- Ansicht
des Hauses Giefer; im Hinterhaus befand sich die jüdische Synagoge
-
- (des Oster MICHEL) dagegen sei jetzt endlich fort. Das war jedoch ein
Irrtum, wie eine Notiz vom 05.12.1835 belegt.
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- Am gleichen Tag erbittet Bürgermeister von EYSS beim Landrat die Aufenthaltsgenehmigung
für den jüdischen Hauslehrer Salomon ROSENTHAL aus Warschau, der sowohl
die Stelle eines Vorsängers in der Immendorfer Synagoge versehe als auch
den Kindern von Abraham HELI und Süßkind LIESMANN Unterweisung in jüdischer
Religion erteile.
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- 05.12.1835 Bürgermeister von EYSS fertigt eine Notiz an: "Der Dienstknecht
Maier KAHN aus Gaundebach bei Unkel (gemeint ist wohl Gaudernbach bei Runkel,
jetzt Ortsteil von Beselich) wurde heute in Immendorf betroffen und von
der Gendarmerie-Patruille in das Arresthaus zu Koblenz eingeliefert."
Von EYSS bittet den Polizeiinspektor darum, "denselben mittelst Zwangstransport
seiner heimatlichen Behörde zusenden zu lassen".
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- 15.12.1835 Auf Anweisung des Landrats beauftragt Bürgermeister von EYSS
den Immendorfer Schöffen GRENZHÄUSER, den Lehrer Salomon ROSENTHAL für den
21.12.1835 morgens 9.00 Uhr zur Bürgermeisterei vorzuladen, um dessen Wanderbuch
zu visitieren und so die Rechtmäßigkeit seiner Tätigkeit zu überprüfen.
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- 31.12.1835 Bürgermeister von EYSS verwendet sich erneut beim Landrat
für den Verbleib des Lehrers und Vorsängers Salomon ROSENTHAL, wenigstens
bis Ostern 1836, damit die jüdische Gemeinde inzwischen einen "inländischen"
Lehrer annehmen könne. Das bewirkt jedoch nichts, denn am
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- 04.02.1836 verfügt Landrat von BOOS auf Anweisung der königlichen Regierung
die sofortige Ausweisung des Salomon ROSENTHAL "binnen 6 Tagen, zumal
dieser zur Wahrnehmung des Lehramtes nicht befugt ist."
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- Leitung der Synagogengemeinde
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- 07.01.1837 Landrat Graf von BOOS-WALDECK bestätigt Abraham HELI's Wahl
zum Synagogenvorsteher, Oster MICHEL als Stellvertreter.
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- 31.01.1837 Dem Moses MARX, *14.09.1810 in Metternich, Sohn aus 1. Ehe
der Hewe HELI (jetzt LIESMANN), *15.01.1789, wird die Schutzaufnahme nach
Immendorf verweigert, als er die Betty MICHEL, *25.08.1817 zu Herschbach,
heiraten will.
- Sein Vater war Schutzjude in Metternich, und sein Sohn durfte, obwohl
er bereits fast 20 Jahre in Immendorf lebte, als "Ausländer" in
Immendorf keinen Schutz erhalten.
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- 02.05.1837 Bürgermeister von EYSS hält fest:
- In Immendorf gibt es 7 schulpflichtige jüdische Kinder, deren Eltern
aber nicht bereit sind, dem israelitischen Privatlehrer Abraham MEIER aus
Soest zu Immendorf eine ständige Besoldung auf mehrere Jahre zu bewilligen,
und daher dessen Conzessionierung nicht wünschen, sondern ihre Kinder wie
bisher am Unterricht in der christlichen Schule teilnehmen lassen.
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- 11.05.1837 Nachdem dem Lehrer Abraham MEIER die Konzession verweigert
wurde, "da die geringe Zahl der schulpflichtigen Kinder solches nicht
zuläßt", verließ er Immendorf, wo er sich nur wenige Monate aufgehalten
hatte, ohne in Immendorf das gesetzliche Domicilrecht erworben zu haben.
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- 11.04.1838 Immendorf hat jetzt 438 Bürger, darunter 41 Juden.
- Aus diesem Jahr findet sich das Heiratsgesuch des Moses MICHEL, *08.10.1812,
und seine Bitte um Schutzaufnahme mit seiner zukünftigen Ehefrau Jette ISAAC
aus Höchstenbach, *13.03.1818. Beide Gesuche werden vom Immendorfer Gemeindeschöffen
WOELBERT, von der Bürgermeisterei und vom Landrat abgelehnt mit dem
Hinweis auf die gesetzlich geregelte Einschränkung des jüdischen Bevölkerungsanteils
für die rechte Rheinseite. Außerdem stehe sein älterer Bruder Oster MICHEL
bereits unter Schutz. Erst auf hartnäckiges Drängen hin wird ihm schließlich
der Schutz und die Eheerlaubnis für Ehrenbreitstein-Neudorf erteilt.
- 05.12.1839 Erste Schutzerteilung für Arenberg an Bernhard BAER, *11.02.1811
in Immendorf, Sohn der verstorbenen Eheleute Baer und Mindel HEYUM. Am 19.01.1841
erhält er auf seinen späteren Antrag hin auch die Erlaubnis zur Trauung
mit Gella KALLMANN aus Altenkirchen.
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- 24.08.1840 Der Fleischergeselle Abraham JOSEPH aus Braubach erhält die
Erlaubnis, als Geselle bei dem Fleischer Oster MICHEL zu arbeiten, der sein
Geschäft in der "Brunnengasse" unterhielt, heute Quellenweg.
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- 13.02.1842 Die Königliche Regierung Abteilung Inneres - gez.Heuberger
- schreibt an den Synagogenvorsteher Abraham HELY in Immendorf. Der jüdische
Lehrer Hirsch Wolf SCHLESINGER hatte sich zwar einer Prüfung in biblischer
Geschichte durch Schulinspektor GESCHWIND gestellt, weigerte sich aber,
sich auch in den eigentlichen Elementargegenständen prüfen zu lassen, weil
er darin keinen Unterricht erteilen wolle.
- "Lt. Verordnung des kgl. Oberpräsidiums vom 13.09.1824, § 8 darf
die Concession aber nur in a l l e n zum Lehrstande erforderten Kenntnissen
gewährt werden. Die Polizeibehörde wird darüber wachen, dass er jüdischen
Kindern in Immendorf keinen Religionsunterricht erteilt."
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- 24.08.1843 Die Königliche Regierung - gez.Heuberger - erteilte dann
aber doch dem jüdischen Lehrer Wolf SCHLESINGER die Konzession, den jüdischen
Kindern in Immendorf Privatunterricht in jüdischer Religion zu erteilen,
jedoch mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass dadurch "der sonstige
Schulunterricht in der Pfarrschule Immendorf für die jüdischen Kinder nicht
gestört werden dürfe."
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Streit um Formen des Gottesdienstes
- 30.10.1842 In der Synagogengemeinde scheint es zu Zwistigkeiten über
den Grad der Assimilation an die nichtjüdische Umgebung gekommen zu sein.
Synagogenvorsteher Abraham HELI zeigt bei der Bürgermeisterei die öffentliche
Störung des jüdischen Gottesdienstes durch Moses MICHEL und Bernhard BAER
an. Es folgt die Gegenanzeige des 2. Vorstehers Oster MICHEL gegen Vorsteher
HELI "wegen kränkender Amtsführung."
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- 04.04.1843 Schutzerteilung für Alexander MAYER, *08.01.1805 in Immendorf,
als dem 1. Sohn (nach zwei Schwestern, Eva und Sara) des Vaters Alexander
MAYER und Erlaubnis zur Trauung mit Johannetta STERN aus Westerburg.
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- 17.05.1844 Die Zwistigkeiten scheinen sich fortgesetzt zu haben. Der
in Immendorf tätige jüdische Religionslehrer Jacob Tobias SCHATZ aus Bialystok
soll nach polemischen Streitigkeiten innerhalb der jüdischen Gemeinde gesteinigt
und abends um 1/2 10 Uhr bei Arenberg von Christen sterbend aufgefunden
worden sein.
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- Der Koblenzer Journalist Christian von Stramberg (1785-1868) erzählt
in seinem
- RHEINISCHEN ANTIQUARIUS (II. Abteilung, Band 2, 1851)
- den damals aufsehenerregenden Vorgang:
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- "...Seitwärts von der 13. Station (des Arenberger Kreuzwegs,1851
in unmittelbarer Nähe der noch unvollendeten Erlösungskapelle; Red.) zeigt
man die Stelle, wo der jüdische Schulmeister von Immendorf seine reformatorischen
Bestrebungen mit dem Tode büßte.
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- Jacob Tobias Schatz, 43 Jahre alt, aus Bialystok in dem fernen Podlachien
und seit kurzem erst nach Immendorf berufen, zog sich durch seine Polemik
gegen das, was er als überflüssiges Zeremoniell betrachtete, den Haß seiner
orthodoxen Glaubensgenossen zu. Sie bestritten häufig seine Ansichten. Dass
er jedoch unerschütterlich darin verharre, bezeigte er durch Wort und Tat.
Am Freitag, 17. Mai 1844, abends führte er wiederum in der Schule eine sehr
heftige Kontroverse. In der Dialektik ihm nicht ebenbürtig, aber höchst
verletzt durch seine unglimpflichen, unvorsichtigen Äußerungen, mißhandelten
ihn die Zuhörer auf die roheste Weise.
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- Er verließ die Schule, kehrte auch des wiederholten Zuspruchs ungeachtet
nicht dahin zurück, sondern erklärte vielmehr seine Absicht, die Gemeinde
und den Ort zu verlassen. Einem Freund gegenüber, der ihm den Rath gab,
die Nacht nicht im Hause zu verbringen, äußerte er noch weiter, dass er
nach Arenberg gehen und im Gasthause zum Rothen Hahnen schlafen wolle.
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- In der Nacht um halb zehn Uhr hörte ein Gast, der aus dem am oberen
Ende des Dorfes gelegenen Wirthshaus Klee kam, Stöhnen und Wehklagen. Ohne
Säumen ging er zurück zur Wirthsstube, die verdächtigen Laute anzumelden.
Der Wirth meinte, er könne getäuscht worden sein durch das vom Winde mit
einem Fensterladen getriebene Spiel, durch das Gekrächze der Angeln. Der
andere aber bestand festiglich darauf, dass er eines Menschen Klage gehört
habe. Letztlich setzte sich die ganze im Hause noch versammelte Gesellschaft
in Bewegung, um bei dem Scheine einer Laterne den Thatbestand aufzuklären.
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- Alle hörten das Stöhnen und gingen ihm nach den Weg gen Immendorf hinab.
Dort begegnete ihnen ein dasiger Jude, der - angehalten und befragt - erzählte,
er komme von Ehrenbreitstein und wolle über Arenberg nach Immendorf; das
Stöhnen vernehmend sei er aber in dem Schrecken umgekehrt. Weiterhin am
Wege fand man den jüdischen Schullehrer aus Immendorf sterbend am Boden
liegen und um ihn herum ein Haufen kopfsgroßer Steine. Einer der Hinzugekommenen
richtete des Sterbenden Haupt auf, und darüber hauchte er den letzten Seufzer
aus. Gesprochen hat er nicht. Nach der Erklärung von Sachverständigen starb
er an zwei absolut lethalen Wunden am Hinterkopf und an der Schläfe..."
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- "In alttestamentarischer Weise wurde er gesteinigt." - meint
Christian von Stramberg obwohl dies gerichtlich später nicht endgültig nachzuweisen
war. Mit dieser Ungewißheit beendet er denn auch seine Erzählung:
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- "Die schauerliche That, die wegzudisputieren die Cremieux, die
Herren Montefiori und Cremieux, weder vermochten noch unternahmen, * gab
Veranlassung zu einer langwierigen Untersuchung, in deren Verlauf ein subalterner
Mörder - ein Knecht - zu längerer Gefängnißstrafe verurtheilt worden ist.
Die eigentlichen Thäter zu überführen, fehlte es an Beweis."
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- * Diese hämische Randbemerkung lässt schließen, dass auch Christian
von Stramberg nicht ganz frei von Vorurteilen ist. Die Familie Crémieux
war eine angesehene jüdische Familie in Frankreich, die ihren Namen auf
das gleichnamige Städtchen in der Dauphiné zurückführte. Adolf Crémieux
(1796 Nîmes - 1880 Paris) galt als ausgezeichneter Redner und Rechtsanwalt
in Paris, gehörte den gemäßigten Linksparteien an und wurde 1848 - und1870
nochmals - zum französischen Ministerpräsidenten gewählt. Montefiori und
Crémieux traten in vielen Ländern mit weitreichenden Erfolgen unermüdlich
gegen verleumderische Ritualmord-Beschuldigungen ihrer Glaubensgenossen
und für deren bürgerliche Gleichberechtigung ein.