Arenberg, den 20. März 1945 Nachmittag 3Uhr

Ein klarer sonniger Tag lag über der Natur. Das zarte Grün der Wiesen, das Sprießen der Bäume, den Gesang der ersten Vöglein läuten den Frühling ein. Der Kanonendonner und das Pfeifen der Granaten hielt den ganzen Tag an. Nachdem ich zu Mittag gegessen hatte, ließ ich mir in einer kurzen Ruhepause die Erlebnisse des schrecklichen Krieges durch den Kopf gehen. Der furchtbare Angriff vom 6. November und 10. Dezember 1944, aber auch der 20. März soll für mich un­vergeßlich bleiben. Am Nachmittag um 3 Uhr führte mich eine kleine Arbeit in den Garten. Nebenbei bemerke ich, daß es im Augenblick ruhig war. Während ich bei der Arbeit war, stieß mich jemand an Geh! und wiederum Geh!

In eilenden Schritten verlasse ich die Arbeit. Kaum hatte ich die Haustüre erfaßt, da schlagen schon dort die schweren Granaten ein. Es war mein Heiliger Schutzengel, der mich vor dem schweren Unglück bewahrt hatte.

Ich habe meinem treuen Beschützer gelobt, nach dem Kriege eine Statue zu seiner Verehrung aufzustellen, und zwar gleich am Hauseingang.
 
Sollte ich es nicht mehr erleben, dann verpflichte ich meine Kinder dazu.

Geschrieben am 5. April 1945.

Frau Josefine Richardt


Frau Josefine Richardt * 1882, + 1958 lebte in der "Alten Ziegelei" in Arenberg, am Roten Hahn. Dort entstand auch das oben gezeigte Foto, das mir dankenswerter Weise zusammen mit der Beschreibung der letzten Kriegstage im Frühjahr 1945, von ihren Enkelinnen Frau Mechthild Richardt-Hetzel aus Arenberg und Frau Christa Richardt-Straube überlassen wurde.

Frau Josefine Richardt hat ihr Gelöbnis erfüllt, wie das untenstehende Foto zeigt.
 

In der Fassade des Hauses "Am Roten Hahn 6" steht der abgebildete Schutzengel in einer Mauernische. 
K. Weber 15.Febr. 2004