Vorbemerkung:
Die Hinrichtung hatte wie angedeutet ein gerichliches Nachspiel. Die Koblenzer Historikerin Dr. Theresia Zimmer schildert den Prozess und den daraus resultierenden Grenzbegang zwischen den streitenden Parteien Johann XIV von Helfenstein und Kurtrier. Johann v. H. hat den Ausgang des Verfahrens nicht mehr erlebt, er starb 1579 als letzter derer v. Helfenstein.

Frau Dr. Theresia Zimmer hat mir freundlicherweise die Genehmigung zur Veröffentlichung erteilt.
K. Weber

Quelle: St.A Koblenz Abt. 56/1179 und 56/4032.
Die Originalkarte kann im Landeshauptarchiv Postfach 201747
56010 Koblenz unter Best. 702 Nr. 2126 bestellt werden.
Mail: post@landeshauptarchiv.de oder www.landeshauptarchiv.de
Das Foto der Karte wurde von mir retouschiert und fürs Internet aufbereitet.


Dr Theresia Zimmer

Eine Karte der Herrschaft Mühlenbach aus dem Jahre 1578

Für die Rechtsverhältnisse im Bereich Mühlenbach ist eine schematische Karte aus dem Jahre 1578 erhalten. Zu dieser Zeit lief ein Prozeß zwischen dem Kurfürsten von Trier und Herrn Johann von Helfenstein, der die Herrschaft Mühlenbach mit Arenberg und lmmendorf als Lehen des Stiftes Herford in Westfalen innehatte. Der Herr von Helfenstein hatte im Jahre 1574 einen Mörder und Dieb namens Dietrich Hardtmandts zum Tode verurteilt mit Hilfe der 14 Schöffen des lmmendorfer und Arenberger Gerichts. Wenn Blut gerichtet wurde, kamen die Schöffen dieser beiden Gerichtsgemeinden auf dem Hochgerichtsplatz zum Kiesel bei Arenberg zusammen. Auf diesem Platz zum Kiesel bei einem neuerrichteten Galgen wurde der Übeltäter auch hingerichtet und auf das Rad bei dem Galgen gesetzt. Der Herr von Helfenstein hatte aber die Amtleute des Kurfürsten von Trier nicht zum Gericht hinzugezogen, obwohl sie einen Anteil beanspruchten, seit der Kurfürst von einem Verwandten des Johann von Helfenstein einen Hof zu Arenberg erworben hatte. Einige Monate nach der Hinrichtung erfolgte die Rache des kurtrierischen Amtmanns von Ehrenbreitstein. Er ließ mit Hilfe von Bewaffneten aus dem Kirchspiel Niederberg den Galgen, das Hoheitszeichen des Helfensteiners, abhauen und das Rad mit der Leiche des Missetäters vor die Burg Mühlenbach legen. Gegen diesen Einbruch in sein Gebiet protestierte Johann von Helfenstein und brachte den Streit an das Reichskammergericht in Speyer.

Im Verlauf dieses Prozesses wurde am 27. Mai 1578 ein Flurbegang unternommen, um die rechtlichen Verhältnisse an Ort und Stelle zu begutachten. Auf Wunsch des Herrn von Helfenstein, so berichtet sein Anwalt Johann Kurtzrock, habe er den "Augenschein" dieses Begangs treulich in eine Karte zeichnen lassen, und mit Zustimmung des kurfürstlichen Anwalts Johann Leuben sei der ehrsame Meister Hans, Bürger zu Koblenz, als Maler hierfür bestellt worden. Vielleicht ist dies der gleiche Maler, der 1595 ein Kruzifix in der Liebfrauenkirche zu Koblenz repariert hat (Kunstdenkmäler der Stadt Koblenz I. S. 187). Außer dem Maler und den beiden Rechtsanwälten nahmen an dem Begang vor allem der Kläger, Herr Johann von Helfenstein, und als Vertreter des Beklagten Kurfürsten der Amtmann von Ehrenbreitstein, Herr Kono von Würzburg, teil. Der Herr von Helfenstein führte die Herren rund um seinen Gerichtsbezirk und zeigte ihnen alle Grenzsteine, wie sie dann in die Karte eingetragen wurden. Bei der lssels Mühle oder Lauxmühle (Bild rechts unten) nicht weit von dem Dorf Mülheim im Tal (heute Ehrenbreitstein) zeigte er ihnen einen Bach, der geteilt dahinfließt. Hier sei die Grenze von drei Gerichtsbezirken: Arzheimer Gericht herrsche dort, wo die Mühle stehe, in der Mitte sei Arenberger, auf der linken Seite Niederberger Gericht. Ihm, dem Herrn von Helfenstein, stehe in Arzheim die Hälfte, in Niederberg der vierte Teil des Gerichtes zu, während ihm das Arenberger Gericht ganz gehöre. Von dort führte er die Herren zu einem Stein im Wald, der die Jahreszahl 1561 trage. Neben diesem Stein sei ein Markstein (Bild rechts oben am Rand), der Mühlenbacher, Arzheimer, Horchheimer und Lahnsteiner Gerichtsbezirke voneinander trenne. Von diesem Stein aus kamen sie in der Nähe von Schloß Mühlenbach unterhalb der Spurkenburg zum nächsten Grenzstein, der Mühlenbacher und Lahnsteiner Gericht scheiden soll. Hierauf zeigte der Herr von Helfenstein ihnen einen Stein bei der Bruckwiese, der Lahnsteiner, Niederberger und Mühlenbacher Gericht trenne. Von da aus kamen sie zu der am meisten umstrittenen Stelle, zum Platz auf dem Kiesel, wo der Galgen gestanden hatte. Der Herr von Helfenstein zeigte seinen Begleitern, daß die Stümpfe des abgehauenen Galgens auf seinem Grund und Boden stehen an der Stelle, wo auch schon seine Vorfahren die Missetäter hätten hinrichten lassen. An einer anderen Stelle der Prozeßakten erfährt man, daß Johann von Helfenstein sich vor der Errichtung des Galgens von den Ältesten des Kirchspiels Niederberg die alte Galgenstelle zeigen ließ, um keinen Streit mit dem benachbarten Kirchspiel zu bekommen. Der alte Galgen hatte Gintgens Galgen geheißen, weil dort einmal einer namens Gintgen gehängt worden war. An der alten Galgenstelle war dann der neue Galgen errichtet worden. Aus einem Weistum von 1545 ist zu ersehen, daß schon früher die Lage des Hochgerichtsplatzes in der Nähe des Niederberger Gebietes zu Streit geeignet war. Damals wurden die Grenzen des Niederberger Gerichts genau bestimmt. Ein Zeuge wußte aus vergangenen Zeiten zu berichten, daß einmal zwei Frauen von lmmendorf, Noßen Eile und Girt, genannt die Schönmundin", die als Zauberinnen verklagt waren, bei dem Rischlee auf dem Kiesel verbrannt werden sollten. Man hatte hierfür bei den Galgenpfosten eine "Kule" gemacht, aber die Gemeinde des Kirchspiels Niederberg wollte es nicht zulassen. Da habe der Herr von Mühlenbach gesagt: "Macht die Kuhle uf das meine, ich will keinen Zanck mit dem Kirspel han, und so war es auch geschehen. An den alten Galgen auf dem Kiesel konnten sich noch 1578 viele Zeugen erinnern, die aussagten, daß er auf dem Boden des Herrn von Helfenstein, rechts der Straße, die nach Montabaur führte, gestanden habe. Der Herr von Helfenstein zeigte seinen Begleitern den abgehauenen Galgen in seinem Acker, etwa einen Steinwurf von der richtigen Stelle entfernt, und das Rad vor seinem Hause Mühlenbach. Auch erklärte der Herr von Helfenstein den Herren, daß das Feld vor dem Wald, der im Spieß genannt sei, und dem Kirchspiel Niederberg gehöre, in seinem Gericht liege. Auf diesem Feld war vermutlich der Missetäter aufgegriffen worden. Weiter sagte der Heifensteiner, daß der Bach bei dem Royfkamp (Riskamp und Riefkamp) die lmmendorfer und Koblenzer Gerichtsbarkeit trenne. Von dem Wehrholtz (wohl bei dem großen Graben) bis zur Mallendarbach sei alles lmmendorfer Gericht. Der Herr von Helfenstein gab weiter an, daß der Weg hinter der Kirche von Arenberg bei dem Graben, wo der Schlag stehe, und die Steine auf Dallbeull bei dem Egelsborn (Eselsborn) die Grenze zwischen dem Arenberger und Niederberger Gericht bilden sollen. Der große Graben bildete mit dem Wehrholtz, an anderer Stelle auch Gebück genannt, die Landesgrenze zwischen dem kurtrierischen Territorium und der Herrschaft Mühlenbach. Das Kirchspiel Niederberg sollte auf Befehl des Kurfürsten in Kriegszeiten das Gebück bewachen und die Schläge schließen. Einer der Schläge ist nahe bei Arenberg auf der Karte eingezeichnet.