Aus dem vielleicht ersten Pfarrbrief von Pastor Johannes Weber von 1958 oder 1959 (leider ohne Datum)

Vollständiger Text des Pfarrbriefs:

Liebe Pfarrkinder von Arenberg und Immendorf!

Zwar bin ich schon ein halbes Jahr Ihr Pastor, doch war es mir leider in dieser Zeit noch nicht möglich, die geplanten Hausbesuche durchzuführen, um jedes Pfarrkind persönlich kennenzulernen. Die Pfarrei ist halt groß und wächst dauernd. So möchte ich wenigstens auf diese Weise vorerst mit einem brieflichen Gruß in jede Familie kommen. Zugleich aber habe ich heute u. a. ein besonderes Anliegen an Sie alle, meine Lieben! Da ich es von der Kanzel nicht so ausführlich sagen kann, möchte ich es in diesem Schreiben Ihnen darlegen und warm ans Herz legen.

Am 5. Juni 1960 ist ein denkwürdiger Tag für die Pfarrei und damit für Arenberg und Immendorf. In der handgeschriebenen Pfarrchronik des Pfarrers Kraus las ich zu dem Thema Pfarrkirche: „Sehr opferwillig zeigte sich die Gemeinde, wenige  Bürger ausgenommen, bei allen Kollekten in Betreff des Kirchbaues, wozu viele selbst über ihre Kräfte Beisteuer zeichneten. Nach vorhergegangener Abhaltung einer Kirchenkollekte in der Diözese Trier sowie einer Hauskollekte in der Rheinprovinz und in den Regierungsbezirken Münster und Arnsberg, der Provinz Westfalen wurden nach Einebnung des Bauplatzes das Fundament ausgeworfen und der erste Stein zum Bau vom Pfarrer des Ortes am 5. Juni, an seinem 55. Geburtstag, gelegt."

Vor hundert Jahren wurde also der erste Stein zur weitberühmten Arenberger Pfarrkirche gelegt, dem einmaligen Werk des unvergesslichen Pfarrers Kraus.

Meine lieben Pfarrkinder! Wie viele Millionen Menschen mögen in diesen hundert Jahren Arenberg mit seinen Anlagen und seiner Kirche besucht haben! Uns allen aber, die wir zur Pfarrei gehören, ob geborene Arenberger oder Immendorfer oder Zugezogene, ist dies ehrwürdige Erbe anvertraut! Wie es Pfarrer Kraus nur gelungen war, Kirche und Anlagen unter großen Opfern seiner Pfarrkinder und durch Mithilfe vieler anderer zu errichten, so kann sein Werk nur erhalten bleiben und gepflegt werden, wenn die ganze Pfarrei als Gemeinschaft und die Besucher von Arenberg mitwirken. Dazu gehört aber das „notwendige Übel": Geld! Wenn etwas hundert Jahre alt ist, bedarf es der Überholung.

Hier in unserem Falle nun folgendes:

1. Die Kirche muss zunächst total (alle Wände und Figuren)
    mit Spezialgerten entstaubt und abgewaschen werden                             3.000,- DM

2. Um den sehr düsteren Kirchenraum aufzuhellen, müssen die
    Gewölbe der drei Schiffe einen hellen Anstrich nach fachlicher
    und künstlerischer Beratung erhalten (neben Ausbesserungen)                6.000,- DM

3. Zu einem würdigen und gepflegten Gottesdienst gehört u. a. eine
    gute Orgel. Unsere Orgel aber lässt uns oft im Stich, da sie ein
    veraltetes und verbrauchtes Werk ist. Reparatur wäre nur Flickarbeit.
    Die Orgel muss besonders die akustischen Schwierigkeiten der
    Kirche meistern und auch den vielen Besuchern imponieren                   50.000,- DM

4. Wir wollen versuchen, die Figuren in ihrer Farbkraft wieder herzustellen  3.000,- DM

                                                                                                                      62.000,- DM

 

Das, liebe Pfarrkinder, sind Pläne, die die Pfarrkirche betreffen, und zur Hundertjahrfeier hätte ich gerne, dass diese Pläne auch verwirklicht sind. Als Zwischenbemerkung möchte ich denen, die kritisch ihr Haupt schütteln, sagen: Laut Statistik sind im Jahre 1958   90.000 Besucher weniger in Arenberg gewesen als 1952! Also in sechs Jahren jährlich ein Rückgang von 15.000 Fremden. Wenn das so fortgeht, macht sich das dann nicht auch im Arenberger Geschäftsleben bemerkbar? Das ist doch ein ernstes Warnzeichen, da viele - das habe ich in diesem halben Jahr schon bemerkt - doch hier von den Besuchern der Kirche und Anlagen leben! Müssen wir nicht alles versuchen, auch von diesem Standpunkt aus, zunächst einmal die Kirche wieder anziehender zu machen!

Dann noch ein Einwand, der erhoben werden kann: „Die Anlagenverwaltung soll zahlen, die hat ja sooo viel Geld!" Warum kommt aber niemand von denen, die so denken und reden, sich die jährlich aufgelegte Jahresrechnung ansehen, die von der Bischöflichen Behörde überprüft und genehmigt wird? Ich will Ihnen nur ein kleines Beispiel aus der Jahresrechnung 1958 geben:

Einnahmen                                                                                                        82.000,- DM
Ausgaben                                                                                                          77.000,- DM
ein Mehr von                                                                                                        5.000,- DM

Diese 5.000,- DM wurden aber jetzt ausgegeben beim Toilettenbau in den Anlagen und reichen nicht einmal aus. - Nur drei Posten der Ausgaben möchte ich hier einzeln anführen:

Löhne (ohne die sozialen Lasten!) rund                                                              24.000,- DM
Reparaturen                                                                                                           3.900,- DM
Gärtnerei (z. B. Koks für Treibhäuser, Kirche, Pfarrheim, Kindergarten u. a.)    15.000,- DM

Wo bleibt da der „goldene Berg"? - Und mit der Kirchenkasse, getrennt von der Anlagenverwaltung, rudern wir jährlich so, dass wir gerade über Wasser bleiben.

Allein der Kindergarten erhält aus der Kirchenkasse jährlich 4.000,- DM Zuschuss.

Meine Lieben! Glauben Sie mir, es können die wirklich notwendigen Renovierungsarbeiten nur gemeistert werden mit Hilfe der ganzen Pfarrei. Was sich irgendwie aus der Kasse der Anlagenverwaltung erübrigen lässt, wird natürlich mit herangezogen.

Zudem liegt Ihnen sicher daran, vor allem den Immendorfer Pfarrkindern, dass die Kapelle in Immendorf endlich einmal ein würdiges Gewand erhält.

Außenputz und bauliche Reparaturen dort belaufen sich auf                      8.000,- DM
zwei oder drei Glocken gehören in den Turm, sonst ist er ja überflüssig     6.000,- DM
                                                                                                                    14.000,- DM

Und dann unser Friedhof! Für die Gefallenen soll eine würdige
Gedenkstätte geschaffen werden und am Denkmal zugleich auch
Raum für Veranstaltungen. Die Zivilgemeinden werden mitfinanzieren,
aber auf uns fällt doch ein Anteil von                                                               2.000,- DM
Die Anlegung des neuen Friedhofs im bisherigen halben Pfarrgarten            3.000,- DM
                                                                                                                        5.000,- DM

Kirche                                                                                 62.000,- DM
Kapelle                                                                               14.000,- DM
Friedhof                                                                                5.000,- DM
Zusammen:                                                                        81.000,- DM

„O weh! Wie sollen wir das verkraften? Der Pastor macht die Kirchengemeinde bankrott!", so werden jetzt viele rufen.

Liebe Pfarrkinder! Seid ohne Sorge! Ich denke mir, dass sich mit folgendem Vorschlag die Finanzierung durchführen lässt: Wir zählen in der ganzen Pfarrei 695 katholische Familien bzw. selbständige Haushaltungen. Darunter sind natürlich viele, die auch in der Zeit des sogenannten „Wirtschaftswunders“ sich schwer durchkraxeln müssen, besonders die kinderreichen Familien. (Zwar gibt es Familien mit vier und mehr Kindern insgesamt hier nur 41!)

Aber 500 Familien können bei gutem Willen und Liebe zur Sache in einem Zeitraum von drei Jahren immerhin zwischen 100,- bis 200,- DM aufbringen. Zum Beispiel: Es ist eine Familie bereit, von August 1959 bis August 1962   120,- DM zu zeichnen; das sind also pro Jahr 40,- DM, das heißt im Monat 3,30 DM. Wer sich aber bereit findet, mehr zu geben als 200,- DM, der darf das natürlich gern tun. Sollte das nicht zu verkraften sein? Das Opfer, das selbst damit verbunden ist, wirkt sich bei Gott ja gerade fruchtbar aus. Ja, ich hoffe, dass sogar die Familien, die den bewundernswerten Mut hatten und haben, sich ein Eigenheim zu bauen, nicht versagen! Wenn schon mit Bauschuld beladen, meine Lieben, dann können 100,- bis 200,- DM in drei Jahren einen auch nicht mehr aus dem Gleichgewicht bringen!

Rechnen wir damit, dass diese 500 Familien von 695 Haushalten einen Durchschnitt von 150,- DM zeichnen, dann könnten wir in drei Jahren 75.000,- DM aus der Pfarrei für den großen Renovierungsplan erhalten. Um bald beginnen zu können, ist es uns möglich, ein Darlehen zu günstigen Bedingungen aufzunehmen, das bereits in fünf Jahren abgetragen sein kann, wenn Sie, meine lieben Pfarrkinder, im obengenannten Sinne helfen!

Bitte füllen Sie den unten am Brief befindlichen Zettel aus, nachdem Sie es sich nochmals gut überlegt haben, was Sie zeichnen wollen und können. Dieser ausgefüllte Zettel wird dann wieder abgeholt. Selbst die, die sich nicht durchringen können, etwas zu geben, mögen doch bitte den Zettel zum Abholen bereithalten.

Ich schließe mit den Worten unseres H. H. Bischofs aus dem letzten Aufruf zur Caritassammlung: „Jeder gebe, wie er es sich in seinem Herzen vorgenommen hat, nicht aus Verdrossenheit oder aus Zwang; denn einen freudigen Geber hebt Gott." (2. Kor. 9, 7)

Alle Ihre Anliegen für Leib und Seele will ich wie bisher, liebe Pfarrkinder, Gott durch Christus empfehlen.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr Pastor
Johannes Weber