Was ich von der Erbauung der Pfarrkirche in Arenberg zu erzählen weiss.

Verfasser: Carl Weber *15.12. 1856 + 25.09. 1934
(Meinem alten Pfarrer und seinen Mitarbeitern in Liebe und Dankbarkeit gewidmet, vom Herausgeber)
Häufige Aufforderungen bzw. Anregungen aus dem Kreise der Tausenden, die die hiesige Kirche mit den religiösen Anlagen besuchen, bestimmen mich, doch zuletzt Folge zu leisten.
Zustatten kommt mir dabei die Erzählergabe eines äusserst regsamen, tüchtigen Vaters (Johann Weber *10.11.1814
+ 5.11.1895), der als eifriger Katholik und langjähriger Gemeindevorsteher das Seinige zur Beseitigung der Hindernisse bei der Erbauung der Kirche beigetragen hat.
 
Zur Sache selbst lassen wir den späteren Oberpräsidenten der Rheinprovinz, 1Exz. Dr. Nasse, erzählen.
Kurz nach seinem Dienstantritt als Oberpräsident mußte ich auf Geheiß meines Vaters im Residenzschloß in Koblenz um Audienz in interner Angelegenheit nachsuchen. Als ich mich beim Weggang empfehlen wollte, bemerkte ich so beiläufig: "Excellenz gestatten, wir stehen uns vielleicht nicht so fremd gegenüber wie Sie im Augenblick denken mögen. Mein Vater hat schon, als Sie noch Landrat in Diez waren in Correspondenz mit Ihnen gestanden." "So, wie ist denn die Sache ausgegangen?" "Zu seinen Gunsten, Excellenz, durch ministeriellen Bescheid!" Darauf der Oberpräsident fragend: " Ist Ihr Herr Vater nicht ein so kleiner, lebhafter Mann?" "Doch, was soll das bedeuten?" Ja, das will ich Ihnen sagen. Ich mußte als junger Regierungsassessor und gleichzeitig stellvertretender Landrat von Koblenz seiner Zeit in Arenberg im Verein mit dem Gemeinderat von Immendorf eine kombinierte Gemeinderatssitzung in Betreff des geplanten Kirchenbaues abhalten, und da erinnere ich mich des kleinen, lebhaften Ortsvorstehers, der die ganze Sache gedeichselt hat." Nach gütiger Entlassung; "Also beste Grüße an den Herrn Papa!" Stolz ging ich nach Hause mit dem Gedanken: "Je höher der Beamte, desto netter im Umgang". (Anmerkung) Vorstehendes ist erwähnt, weil dem Verfasser die erwähnten Hindernisse nur teilweise, jedoch nicht ausführlich bekannt geworden sind.
(Damals mussten die Eigentumsverhältnisse für die Anlagen und das geplante Klostergelände verhandelt werden. Dabei ging es um ca. 100.000 qm², die von Arenberger und Immendorfer Eigentümern verkauft werden sollten. Mein Urgrossvater wollte vermeiden, dass die Arenberger und Immendorfer Bauern mit "Mistgabeln" aufeinander losgingen, ging es doch um Grundstücke im Bereich der zu bauenden Kirche, Anlagen und das Gelände zum Bau des Klosters, die abgetreten werden sollten. Aus diesem Grund wurde als "Moderator und Stossdämpfer" der stellvertretende Landrat und spätere Oberpräsident der Rheinprovinz Dr. Nasse zur gemeinsamen Gemeinderatssitzung eingeladen) K.W.
 
Die geplante Kirche sollte nach dem von Pfarrer Kraus hergestellten, in Wachs geformten Modell, nach dem Vorbild einer Kölner Kirche erbaut werden. Vorn am Eingang ein großer Hauptturm, am Schluß des Schiffes die zwei kleineren Türme. König Friedrich Wilh. 4. hatte durch Vermittlung Herrn Pfarrer Kraus versprochen, ihm die Kosten des Hauptturmes aus seiner Privatschatulle zu ersetzen. Pfarrer Kraus selbst war ein Baumeister von Gottes Gnaden. Es war ihm schon früher (vielleicht nach der Erbauung der stimmungsvollen Kapelle der schmerzhaften Mutter Gottes) von Seiten des hochseligen Bischofs Arnoldi freie Bauerlaubnis erteilt worden, die er auch reichlich ausnutzte.
Als nun König Friedrich Wilhelm am 1. Januar 1860 starb, war es ein harter Schlag für Pfarrer Kraus. "Da, nun ist mein ganzer Plan futsch!" Aber er ging weiter ungebeugten Mutes frisch ans Werk und konnte im August 1860 durch Weihbischof Godehard Braun den Grundstein zu der jetzigen Pfarrkirche legen lassen. Diese Grundsteinlegung ist mein ältestes Gedenken. Meine Mutter selig nahm mich mit in den Fundamentgraben und ließ mich mit einem leichten, hölzernen Hammer auf den Grundstein hauen. Die in der Nähe befindlichen Steinbrüche am Krippsberg bei Urbar, sowie am Kamillenberg bei Ochtendung lieferten vielfach das Material zu den Hauptpfeilern und den sogen. Lisenen 2, sowohl aussen wie auch innen. Die notwendigen Ziegelsteine wurden auf einem Kirchengrundstück in der Nähe gebrannt. Wie Herr Pfarrer Kraus die notwendigen Geldmittel wie auch die zum Bauen nötigen Steine herbeischaffte, ist ein Erfolg seiner Liebenswürdigkeit und seines imponierenden Wesens. Die ursprünglich rohen Wände waren mit einem Kalkverputz versehen. Nun war ein Onkel des Verfassers Pfarrer in Kirchenbollenbach, Kreis St.Wendel. Dort wurde damals die Rhein-Nahe-Bahn, Strecke (Kreuznach-Bingerbrück- Saarbrücken) gebaut. Bei Oberstein brach man einen Tunnel wobei man prachtvolle Achatsteine fand. Der Pfarrer dachte an den Kirchenbau seines Heimatpfarrers und schickte die gesammelten Steine diesem zu, ob er sie nicht gebrauchen könnte. Dies war wohl der Anfang zur Verwendung dieses eigenartigen Baumaterials. Später kamen Bergleute von der Sieg und sahen, wie die Hochofeneisenschlacke, von ihnen als Abfall weggeworfene Steine, zur Geltung kamen. Sie gaben sich an‘s Sammeln und expedierten sie dann in Waggons nach Ehrenbreitstein, und so kam meistens unerwartet von Güterstelle der Avis der Ankunft. Die Hilfskräfte im Pfarrhaus oder auf dem Bau mussten dann schleunigst für Entladefuhrwerke sorgen. Solche wurden meistens aus der Pfarrei mit geringen Ausnahmen unentgeldlich gestellt. Der Eifer und die Begeisterung für das Entstehende Werk war gross, ja manche Gespannbesitzer haben ihre Tiere (damals noch Rindvieh) fast totgefahren. Das rohe Mauerwerk ist gleichsam nur der verborgene Träger des ganzen Kirchenbaues. Die seltenen Steine, Kristalle, Muscheln usw. Die die Kirche zu einem wahren Schmuckkästchen gestalten, sind mit Draht oder Zementmörtel eingefügt. Die damaligen meist aus Immendorf stammenden Maurer, wurden unter Pfarrer Kraus zu wahren Künstlern. Die ausnahmsweis schönen Muscheln die aussen am Eingang und innen in den verschiedenen Kapellchen geschmackvoll verwandt sind, hat Pfarrer Kraus bei einem Erholungsaufenthalt selbst gesammelt. Um auch die Kinder zum Opfersinn anzuregen, bettelte er uns die Klicker 3 ab und fügte sie als eigenartige Umrahmung an das Krippchen in der Taufkapelle, wo früher die Täuflinge bei dem heiligen Akt hineingelegt wurden. Auf dem Kleinkinderfriedhof in dem kleinen Tempelchen fanden die Geschenke und Opfer der männlichen Jugend Verwendung zur Zierde und Ausschmückung. Die Jungfrauen des Ortes opferten vielfach ihren Goldschmuck zur Ausschmückung der Tabernakel, deren Stirnseite geschickt umgearbeitet dafür Platz bot. Manche Frau und Jungfrau sah später mit Stolz und innerer Genugtuung auf ihr Opfer. Jeden morgen nach der hl. Messe, die des Bauens wegen schon um halb 6 Uhr damaliger Zeit begann, mussten wir Schulkinder von Arenberg und Immendorf eine halbe Stunde Ziegelsteine tragen. Wer sich vorbeidrücken wollte, war geächtet und auch bei dem Aufsichtführenden Lehrer nicht hoch angeschrieben. Dabei halfen auch einige von Moselweiß gebürtige, spätere Ordensfrauen, bes. Frl. Gertrude Sauer, die hervorragendes leistete. Aber auch die Fuhrwerke besitzenden Leute aus Ochtendung und der Umgebung wurden um freiwillige Gestellung von Fuhrwerken zur Anfuhr von braunen Lavakrotzensteinen angesprochen. Bekam der bettelnde Pfarrer nicht gleich aus einen oder dem andren Grunde das zusagende Jawort, so setzte er sich auf den angebotenen Stuhl mit den Worten: "Nun, da muß ich eben warten, bis ich das Jawort bekomme!" Um nun den freundlichen Bittsteller loszuwerden, bekam er meistens das Jawort. Die Junggesellen und Jungfrauen aus der damals größeren Gemeinde Immendorf wusste Pfr. Kraus zur Stiftung eines grösseren Fensters im Schiffe unten heranzuziehen.
Bei der bekannten Baulust wenngleich auch in der Intuition "Alles zur grösseren Ehre Gottes" war es nur zu natürlich, das der Kirchenbaufond trotz einiger bewilligter Kollekten in der Rheinprovinz, häufig erschöpft war. Doch ebenso oft fanden sich wieder gebefreudige Hände. Davon einige mir bekannte Beispiele. In grösster Geldverlegenheit wandte sich Pfarrer Kraus eines Tages selbst an den jüdischen Bankier Oppenheimer in Köln. Er dachte sich dabei wohl: Obgleich jüdischer Konfession, kann er doch etwas für meine Kirche tun. - Ein per Post gesandter l00-Talerschein, war die verblüffende Antwort. Eines Tages weilte Kronprinz Albrecht von Sachsen vom nahen Ems aus hier zu Besuch und erbat sich von Herrn Pfarrer Kraus, daß er ihn führe und dabei erkläre. Im Rundgang begriffen, kommt ein Kurier gesprengt mit einem Telegramm des Inhaltes, daß König Johann schwer erkrankt sei, der Kronprinz möge sofort seine Kur abbrechen. Der Rundgang wurde sofort beendet, der Kronprinz verabschiedete sich dann mit folgenden Worten: "Herr Pastor, wenn ich den Herrn Vater noch lebend antreffe, werde ich Ihrer Kirche gedenken." Der Kronprinz traf wirklich seinen Vater noch lebend an. Nach ein paar Jahren kam er wieder nach hier und erinnerte sich seines Versprechens. Er besuchte Herrn Pfarrer Kraus: "Herr Pastor, was kann ich für Ihre Kirche tun"? Herr Pfarrer Kraus schlug einen kleinen Rundgang vor. Beim Eintritt in die Kirche sagte Pfarrer Kraus sich umschauend: "Ach, Majestät, hier sind gerade noch drei Bilder frei." (Es sind jene 3 Stationsbilder auf der linken Seite des Mittelschiffes, die von Professor Molitor nach der sogen. Düsseldorfer Schule gemalt und mit dem königl. sächsischen Hauswappen geziert sind). Jedes der genannten Bilder kostete 500 Taler  4, wahrhaft ein fürstliches Geschenk. Eines Tages erhielt Pfarrer Kraus von Bad Ems einen Brief des Inhalts, daß die Absenderin tagszuvor in Arenberg gewesen sei um Kirche und Anlagen zu besuchen. (Dies tat fast jeder Kurfremde gleich welcher Konfession er war). Ihr habe das gesehene so ausnehmend gut gefallen und habe in einen näher bezeichneten Opferstock einen l00-Talerschein eingeworfen. Nachträglich seien ihr Bedenken gekommen, ob nicht ein Unberufener die Opferstöcke leere. Pfarrer Kraus stürzte von seinem Zimmer zur treuen Haushälterin: "Mariannchen, Mariannchen! Schnell den Schlüssel zum Opferstock!" Den Kasten aufschliessend kam der 100-Talerschein entgegengebuppelt. Auch der in Ems zur Kur weilende russische Kaiser, Alexander, der später auf einen nihilistischen Anschlag so schmählich niedergemetzelt wurde, weilte zum Besuch von Kirche und Anlagen inkognito hier. Kaiser Alexander liess nun den zufällig durch die Kirche zur Sakristei eilenden Pfarrer Kraus durch einen seines Gefolges bitten, ihm über einiges Aufklärung zu geben. Nachdem Kraus zur Sakristei gegangen, ohne eine Ahnung seines hohen Besuches zu haben, äußerte sich der Kaiser: " Nun, seh mal einer diesen katholischen Pfarrer und vergleiche unsere Popen" Eine große Summe Geldes, die anderen Tags durch einen Boten ankam, klärte Herrn Pfarrer Kraus über den hohen Besuch auf. Es war der Leibarzt des Kaisers gewesen der ihn um Aufklärung gebeten hatte. Aber auch aus anderen Kreisen flossen die Mittel reichlich. Bekanntlich ist Dankbarkeit das letzte Mittel, neue Wohltaten zu erlangen. Jeden Sonntag um 4, bezw, um halb 5 Uhr fand eine Kreuzwegs-prozessionsandacht statt, in der der Wohltäter der Kirche besonders gedacht war. Ein prachtvoller Teppich, an dem vornehme Damen Wiens mitgearbeitet und mitgestickt hatten und der seiner Kostbarkeit wegen nur an hohen Festtagen aufgelegt werden durfte, war von Frau Theaterdirektor Treumann aus Wien, hierhin geschenkt worden. Auch weilte diese Dame oft mit ihrem Gatten hier, -Pfarrer Kraus hatte sie getraut.
Eine, dem romanischen Stil besser passende Monstranz stiftete ein Rechnungsrat David aus Paris, seine Gattin war eine Koblenzerin und entfernte Verwandte von Pfarrer Kraus. Auch die neue Orgel mit 32 Registern auf zwei Manualen war eine Stiftung von Pfarrer Güssbacher aus Nauorth (und seiner Haushälterin Maria-Antonie Heussler, die bedeutende Summen zum Bau der Orgel beisteuerte K.W). Das ehemalige herrliche Bronzegeläute, das leider dem Weltkriege (1914/18) zum Opfer gefallen ist, wurde von Anton und Käthchen Dender, einem frommen Geschwisterpaar aus Koblenz geschenkt. Dieses Geschenk ist umso höher zu bewerten, als diese beiden edlen Seelen ihr Brot als Gärtnersleute verdienten. Rechtsanwalt Bremig aus Koblenz stiftet auch ein wundervolles Glasfenster. Zu beiden Seiten des ziemlich langen Glasgemäldes waren Doppelspiegel eingelassen, welche die heiligen Märtyrer in unbemessener Zahl nach beiden Seiten hin vermehrten, um so deren unzählbare Zahl zu versinnbildlichen. Leider ist dieses Glasgemälde bei dem schrecklichen Orkan an 12. März 1876 nebst dem in der Taufkapelle gegenüberliegenden Glasfenster, die Geburt Christi darstellend, zerstört worden. Während das letztere nach einem prachtvollen Entwurf von Prof. Oeger erneuert wurde (Kostenpunkt 75 orh Thaler) wurde leider das erstere nicht mehr erneuert. Neben den drei, von Kronprinz von Sachsen gestifteten Stationsgemälden, sind noch drei andere, die eine Familie Schüller aus Köln gestiftet hat. So enststand aus den vielen größeren Geschenken und den unzähligen kleineren aus dem Volk, der herrliche Bau, der so vielen Besuchern schon Erhebung und Erbauung geworden ist. Die feierliche Konsekration 5 der Pfarrkirche, die am 25. September 1868 durch Bischof Eberhard stattfand, ist mir noch in lebhafter Erinnerung. Der Kirchenchor von St. Castor verherrlichte die Weihe, da unser Kirchenchor noch nicht existierte. Heute noch klingen mir die prachtvollen Klänge in den Ohren nach. Die im Verhältnis zum Raum sehr kleine Orgel, konnte dem mächtigen Chore kaum die nötige Resonanz bieten. Lebhaft kann ich mich noch dem aus Baudielen errichteten Festzeltes erinnern, in dem die hohen Festgäste bewirtet wurden. Es war ein Ehrentag für die Gemeinde und ihren Pfarrer dessen Ausdauer und unendliche Mühe mit dem Gelingen des herrlichen Werkes gekrönt wurde.
 
Carl Weber im Mai 1925
 

 
Nachtrag und Anmerkungen zum verwendeten Baumaterial in der Kirche und Anlagen
Pfarrer Kraus versah seine Kirche mit den verschiedensten Steinen so uA.:
Achat und Amethyst von Idar-Oberstein, grosszackige Bergkristalle von Bernkastel, dunkle Kristalle von Lindorf am Rhein, Trachit vom Drachenfels, Alabaster von Bous bei Saarlouis, Glaskopf und Eisenstufen aus den Bergwerken der Sieg und der Lahn, Kalkspat aus Westfalen, Tuffsteine aus Thüringen, Griessteine aus Nauheim , Bleisteine aus Friedrichsegen bei Braubach, Lavasteine von Ochtendung, Mayen und Niedermendig, Holzversteinerungen aus Dernbach; Muscheln aus verschiedenen Seestädten, besonders aus Ostende, viele auch aus Hamburg und sogar Muscheln und Schneckenhäuser aus der Südsee (Molukken) wurden zur Verschönerung verwendet (Beichtstühle und im Altarraum). Desweiteren Marmor aus den verschiedensten Ländern, Gegenden und Farben, sehr oft wurde Lahnmarmor mit roten Einzügen verwendet (sogen. Schwartemagenmarmor).
 
Eine gewaltige organisatorische Meisterleistung, (heute würde man wohl von logistischer Meisterleistung sprechen), und das alles ohne SMS 6, Fax, Internet und E-Mail. Die gesamte Korrespondenz wurde von Pfarrer Kraus handschriftlich geführt, als er in Arenberg anfing, war das Telefon 7 noch nicht erfunden und eine Schreibmaschine war unerschwinglich. Um so höher ist seine Lebensleistung zu würdigen.

Leider wurde, unter dem damaligen Pfarrer Johannes Weber in den Jahren 1959/60, die Kirche renoviert (Sie entsprach angeblich nicht mehr dem damaligen Stilempfinden), heute wäre man froh, den ursprünglichen Zustand wiederherstellen zu können, hätte man die immensen Mittel zur Verfügung. Besonders schlimm von der Renovierung betroffen, ist der Altarraum,
aber auch die Kommunionbank wurde entfernt und die Tabernakelwand mit güldenem Kaufhofbarock verschandelt, wo vorher braune Lavakrotzensteine 8 vom Karmelenberg aus Ochtendung verarbeitet waren. Der Baldachin über der Kanzel wurde ebenso wie die "Rosenkranzspende" aus dem Kirchenschiff entfernt. Die kostbaren Kristallüster verschwanden und die Psalmen in den Bögen des Mittelschiffes wurden mit grauer Farbe übertüncht. Auch die Kreuzwegbilder wurden mit Goldbronce behandelt, nun war alles kitschig geworden. Ausgelöst wurde die Renovierungswut durch das 2te Vatikanische Konzil 9 in den 1950er Jahren, aber auch durch Dr. Nikolaus Gladels 10 Broschüre "Was halten Sie von Arenberg - Kunst oder Kitsch". Kaum ein Arenberger hat die Schrift gelesen, die Überschrift war ja eindeutig genug. Kaum jemals ist ein Autor dermassen mißverstanden worden, der gutgemeinte Ansatz der Schrift verkehrte sich genau ins Gegenteil. Ergo war also Kitsch was in der Kirche samt Anlagen so herumstand, man schämte sich für die Vielfalt an Figuren. Die Kirche musste entrümpelt werden, so das einhellige Urteil der damaligen Kirchenleitung. Das Ergebnis hatte verherende Folgen. Die Kirche und Anlagen verfielen zusehens, Bäume wurden gerodet und von einem Mitglied des Pfarrgemeinderats über Jahre hinweg in seiner Heizung verbrannt. Diese Bäume waren von Pfarrer Kraus in weiser Voraussicht zur Drainage gepflanzt worden, zum präventiven Bautenschutz sozusagen. Die Folgen waren Fundamentschäden an der Kirche und am Mauerwerk des Kirchenaufgangs, die dann mit sehr hohem Kostenaufwand beseitigt werden mussten. Auch die schöne gusseiserne Wendeltreppe 11 (Teufelstreppchen genannt) fiel den Baumassnahmen zum Opfer. Alte Fotos der Kirche belegen meine Behauptung, die Kirche war damals gesäumt von Tuja und anderen Koniferen, die bekanntlich Wassersauger sind und so den Fundamentbereich trockenhielten (Ökologisches Bauen nach Pfr. Kraus). Die Wende kam dann um 1982, als eine junge Frau aus Koblenz-Güls, (Silvia-Maria-Busch) eine Dissertation 12 über die "Heiligen Orte" vorlegte. In diese Zeit fiel auch die Gründung 13 eines Vereins zur Rettung der Anlagen, die unterdessen in einem beklagenswerten Zustand waren und dringend der Sanierung bedurften. Leider sind auch hier schwere Fehler gemacht worden. In den Anlagen sind mehrere Torbögen vorhanden, diese stellen nach der Intention des Pfr. Kraus Regenbögen dar, die ja das Sinnbild des Friedensschlusses zwischen Gott und den Menschen (nach der Sintflut) darstellen sollten. Wenn dann auf den "Regenbogen" ein Walmdach gesetzt wird, versteht man die Symbolik, die Pfr. Kraus in sein Werk gelegt hat, nicht mehr.
Das Buch von Pfr. Kraus 14 "Die heiligen Orte zu Arenberg" sollte zur selbstverständlichen Pflichtlektüre für alle werden, die sich restauratorisch in der Kirche und den Anlagen betätigen, damit der Sinn des Gesamtkunstwerkes verstanden wird und in der Vorstellung und im Sinne von Pfr. Kraus erhalten bleibt.
 
Konrad Weber, im Februar 2002
 
Im übrigen lege ich äussersten Wert darauf, mit dem oA. Pfarrer Johann Weber weder verwandt noch verschwägert zu sein. Das hat seinen Grund in folgender Begebenheit: Während der Renovierung sammelte unser Pastor Geld um die Kosten zu decken. Nach seiner Meinung sollte jeder in der Gemeinde DM 300,- spenden. So kam er auch zu mir. Meine Antwort damals: Herr Pastor, wenn es in der Kirche durchregnet, dann ist Not am Mann, dann kommen Sie wieder, ich bin mit dem jetzigen Zustand der Kirche zufrieden. Für Ihre Renovierung gibts von mir kein Geld.
 
An der "Verschandelung" der Kirche haben an Massgeblicher Stelle mitgewirkt:
Bistumskonservator Prof. Dr. Thomas, Trier
Pater Dr. Theodor Bogler, künstlerischer Berater, Maria-Laach
Restaurator F. N. aus Zell an der Mosel
Anmerkungen:
1) Die Rheinprovinz, nach 1945 aufgelöst, umfasste die Regierungsbezirke Koblenz, Trier, Aachen, Köln und Düsseldorf und
reichte von Sarbrücken im Süden bis Emmerich im Norden. Der Oberpräsident residierte im Koblenzer Schloss.
  • 2) Lisenen, Streifen oder Bandartige bauliche Verzierung. Hier aus braunen Lavasteinen aus Ochtendung. Nach Pfr. Kraus´cher
  • Intention, die im Erdenfeuer geläuterten Seelen der Gläubigen.
  • 3) Klicker, Murmeln - hier aus Ton, vermutlich in Höhr-Grenzhausen gebrannt.
  • 4) Taler, Währungseinheit, ein Arbeiter verdiente damals etwa 1 Taler in der Woche.
  • 5) Konsekration, feierliche Einweihung religiöser Bauwerke, meist durch den Bischof oder andere hohe Würdenträger.
  • 6) SMS , Short Message Service, Kurzmitteilung (Text) mittels "Handy".
  • 7) Telefon, Johann Philip Reis *7.1.1834 +14.1.1874 erfand 1861 das Telefon.
  • 8) Lavakrotzensteine, nach Pfr. Kraus´cher Intention, die im Erdenfeuer geläuterten Seelen der Gläubigen.
  • 9) 2tes Vatikanisches Konzil, unter Papst Johannes XXIII in den 1950er Jahren.
  • 10) Dr. Nikolaus Gladel, war viele Jahre Prälat im Dominikanerinnenkloster zu Arenberg
  • 11) Wendeltreppe, in der Sayner Hütte gegossen, ein Geschenk des Fürsten zu Sayn-Wittgenstein (Bendorf)
  • 12) Dissertation, Doktorarbeit, S.M.Busch war Schülerin bei dem Immendorfer Bürger, Stadtrat und Oberstudienrat
    Gerhard Voell, auf dessen Anregung diese Arbeit zustande kam.
  • 13) Förderkreis Pfarrer-Kraus-Anlagen wurde am 4. Dezember 1983 gegründet.
  • 14) Die heiligen Orte zu Arenberg, Koblenz 1871/72, (20. Auflage Koblenz 1896).

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